Wahnsinn, die Literaturwissenschaftlerin Elisa. G. hat mein Buch gelesen und besprochen (und nennt mich doch tatsächlich in einem Satz mit Walter Benjamin). Welch ein Provileg! Herzlichen Dank.
Ich freue mich sehr über diese wunderbare, differenzierte Rezension …
Barbara Schilling: Meine Berliner Jugend. Zwischen Hunger und Verantwortung. Rosenheimer Verlagshaus 2022.
Beklemmend, nostalgisch, modern – eine Mischung aus Walter Benjamin und rauer Nachkriegsliteratur, wie sich bereits im Titel andeutet. Die Figuren sind liebevoll konstruiert und wirken mit ihrer Wärme fast deplatziert in einer Welt zwischen Hunger und Armut. Nicht, weil die Erzählung Mängel aufweisen würde, sondern weil die Protagonistin die Trostlosigkeit mit Gefühl versetzt. Trotz Krankheit, Last, Zweifel und einer fragilen Beziehung erzeugt die Geschichte enorm viel Wärme und Mitgefühl.
Die Referenz auf Benjamins »Berliner Kindheit« kommt demnach nicht von ungefähr, nein, der autobiografisch verfasste Text entwirft eine ähnliche Stimmung: zeitbedingte Verlusterfahrung, die aber sehr zart rüberkommt. Erzählerisch versteht Barbara Schilling ihr Handwerk sehr gut; der Text nutzt an den richtigen Stellen die richtigen Mittel, um sich emotional zu entfalten. Daraus entsteht eine Art Zeitdokument, das die Leserschaft in die Vergangenheit und Jugendphase zurückversetzt. Obschon fiktiv, wirkt die Darstellung der Figuren authentisch und realistisch, was bereits bei der gelungenen Wahl der Namen beginnt.
Hinzu kommt eine Prise Lokalkolorit, die sich in passenden Dialekten findet – so entsteht ein interessantes Bild von Berlin, das allein durch die spezifische Zeitspanne vom heutigen Stadtwesen abweicht und eine wichtige Perspektive bereitstellt. Ein wirklich gelungener Beitrag zur Berliner und deutschen Geschichte.
»Meine Berliner Jugend« liefert uns eine anspruchsvolle Milieustudie als autobiografische Erzählung und Jugendroman verpackt, die Freund:innen realistischer Erzählkunst nicht fernbleiben sollte.
5 Sterne